Den Guru im Inneren finden – Das Ende einer Suche
12 min Lesezeit | veröffentlicht am: 21.07.2025
Einführung
Elvira Schneider (66 Jahre alt), begegnete 1981 ihrem ersten Guru, Bhagwan Shree Rajneesh, später Osho genannt. Sie war in Poona, Oregon und lebte in verschiedenen Osho Communes auf der Welt. Im Jahre 2001 lernte sie OM C. Parkin in einem Satsang in Köln kennen und erkannte in ihm ihren letzten Guru. Der Same, der in Indien gelegt wurde, reift nun im modernen Kloster Gut Saunstorf heran. Sie beschreibt in diesem Artikel, wie die innere Reise begann.
„Gott ist kein Objekt, das von einem Menschen gesehen werden kann.“
(OM C. Parkin, aus: Schmetterlingsflügel und Löwenpranke)
Das 1. Gebot in der christlichen Religion lautet: „Du sollst dir kein Bild von Gott machen.“
Auch wenn diese beiden Aussagen zwei Jahrtausende auseinanderliegen, haben sie dieselbe, tiefe Bedeutung: die Formlosigkeit von dem, was wir Gott nennen.
Meine unterschiedlichen Erfahrungen mit Guru-Bildern
Damals war ich schmerzlich enttäuscht, jetzt aber weiß ich, dass sie – freilich ohne sich dessen im Seelengrund gewahr zu sein – recht hatten.
Ich hatte einen tiefen Glauben in mir, auch wenn er kindlich war. Nun war etwas anders geworden, ich war verunsichert. Als ich dann 18 Jahre alt war, bin ich aus der katholischen Kirche ausgetreten.
Vier Jahrzehnte später, in meinem ersten Dunkelretreat im Kloster Gut Saunstorf, in dem ich mit Angst vor dem Dunkeln und anderen Befürchtungen zu tun hatte, gab es eine Öffnung, ein Durchlassen der Angst und ein tiefes Sinken mit mir selbst. Keine Gedanken mehr, keine Angstvorstellungen, nur ein intensives Strömen durch mein ganzes System. Ich konnte bezeugen, dass das Dunkle so ist, wie es ist, weder gut noch böse. In diesem Dunkelretreat zeigte sich mir deutlich eine Erscheinung: Mutter Maria mit ihrem Sohn Jesus, der gekreuzigt und tot in ihren Armen lag. Das Eindrücklichste an diesem Bild war die Liebe dieser Mutter zu ihrem Sohn. Keine Anklage, keine Schuldzuweisung, pures Mitgefühl und Liebe.
Nach diesem Dunkelretreat trat ich wieder in die katholische Kirche ein, weil ich mich zu meinen christlichen Wurzeln bewusst bekennen wollte. Ich bereue es bis heute nicht.
Diese Wurzeln, die von Beginn an in mir waren, brachten mich 1981 auf der Suche nach dem Sinn des Lebens zu meinem ersten (oder muss ich sagen: zweiten Guru, Osho) – damals Bhagwan Shree Rajneesh – nach Poona, India. Die Abwärtsspirale, die ich davor durchlebte und mir zeigte, dass ich mit meinem Eigenwillen und meiner Fluchttendenz Schaden anrichtete – mir selbst und meiner Familie gegenüber – hatte einen Punkt erreicht, der unerträglich wurde.
Der indische Mutterboden, die Wärme, die Gerüche, das Andersartige und doch Vertraute und der Geschmack von Hingabe an einen Guru erfüllten mein Herz, das dürstete und hungrig war nach echter Nahrung.
Als ich im am 21. März 1981 in Poona eintraf, war ich erstaunt und überfordert von der Menschenmenge, die sich vor dem Ashram in einer riesigen Schlange bildete. Wo war ich da hingeraten? Dennoch – an jenem denkwürdigen Abend saß ich schließlich – statt mich in der Schlange einzureihen und ihn persönlich zu sehen – vor einem großen Bild von Bhagwan, im leeren Schlafsaal eines Gebäudes um die Ecke des Ashrams, wo ich untergekommen war. Ich war in einer seltsamen Verfassung, setzte mich nach der Aufforderung des Wächters dort vor das große Bhagwan Bild und empfing eine starke Energie, sowie Worte, die aus dem Bild zu mir sprachen. Alles, was ich bis dahin geglaubt oder angezweifelt hatte, fiel einfach in sich zusammen. Es war jenseits davon. So begann meine innere Reise mit dem Guru, den ich dann Tag für Tag sah, hörte und in mich aufnahm. Es resonierte mit einer inneren Sehnsucht, von der ich bis zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, worauf ich sie richten und wie sie gestillt werden konnte.
Initiation von Teertha, der von Osho eingesetzt wurde, in Sannyas mit dem Namen: Paripurna, März 1981
Die Geburt des Löwen
von OM C. Parkin
OM C. Parkin konfrontiert den Leser unmittelbar mit der wesentlichen Frage: Wer ist jenes ‚Ich‘, auf das wir das Glück und Unglück unseres Lebens, unserer Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft beziehen? Mit seinem unbestechlich klaren Blick auf die Leidensstrukturen im Menschen wie auch auf das, was davon unberührt bleibt, durchdringt OM gemeinsam mit den Fragenden diese geschlossene und damit abgetrennte Welt der Identifikation mit einem Ich.
Begegnung mit OM
Mein Herz war infiziert und ich durchlebte zehn Jahre als Sannyasin mit Bhagwan, später Osho genannt, sowohl in Poona, als auch in Oregon (Amerika), in verschiedenen Communes und dann wieder in Poona II eine bewegte Zeit.
Als Osho seinen Körper verließ fühlte ich eine starke Energie in meinem Bauchzentrum (19.1.1991). Ich wurde gewahr, dass etwas von ihm in mich übergegangen war. Der Guru ist in mich eingekehrt.
Genau zehn Jahre später (2001), als ich mir eingestehen musste, ohne die Begleitung eines Gurus in einer äußeren Form nicht weiterzukommen, traf ich in der damals großen Welle der Satsang Bewegung auf OM C. Parkin, der zu dem Zeitpunkt in Köln Satsang gab.
Ich fasste den Mut, ihm eine Frage zu stellen und bekam eine Antwort. Mein Herz ging in Resonanz und ich wusste in dem Moment, dass dies mein nächster und wie sich jetzt nach 24 Jahren herausstellt, mein letzter Lehrer und Sat Guru ist.
Nan Yar? Wer bin ich?
von Sri Ramana Maharshi
Dieses Werk gehört zu den beiden einzigen Prosastücken unter Ramana Maharshis Mitteilungen in eigenen Worten. Sie vertreten klar die zentrale Lehre, dass Selbsterforschung der direkte Weg zur Befreiung ist. Die besondere Art und Weise, in der die Erforschung durchgeführt werden sollte, wird in „Nan Yar?“ einleuchtend dargelegt.
Äußerer – innerer Guru
Bevor ich OM traf, besuchte ich die Satsangs von verschiedenen Lehrern. Ich fühlte mich besonders von ShantiMayi angezogen, die damals auch eine Zeitlang nach Köln kam. In einem aktuellen Interview zum Thema des Gurus antwortete sie folgendes:
„Der Grund, warum man sich überhaupt einem Guru nähert, ist, den Meister in sich selbst zu entdecken und dort wahre Einheit zu finden. Ein wahrer Meister und ein wahrer Schüler haben nur eine einzige Bestrebung: Den Schleier der Unwissenheit von den Augen und Herzen des Schülers zu heben. Nach und nach `sieht` der Schüler von innen heraus die göttliche Wahrheit, die im gesamten Universum herrscht.“ (aus: Der Guru, der große Unbekannte – 3 Fragen an OM C. Parkin und ShantiMayi; aus der Mediathek vom 20.12.24)
Ich fühle mich reich beschenkt und begnadet, eine solche Möglichkeit zu erahnen und wahren Meistern begegnen zu dürfen. Die innere Führung zu erkennen und mich vor ihr zu verbeugen.
In jeder noch so aussichtslosen Situation in meinem Leben gab es innere Führung, die ich lange Zeit nicht als solche wahrnahm. Der Guru war immer anwesend, aber ich war mir dessen nicht bewusst.
Es ist nicht leicht, die äußere Form des Gurus, die Liebe für diese Inkarnation des sichtbaren Gurus nach innen zu nehmen. OM spricht über das Bild, was wir uns vom Guru machen, in einem kürzlich erschienenen You-Tube-Beitrag (“Bilder des Gurus“ – Darshan mit OM C. Parkin). Er unterscheidet darin sehr klar die Verherrlichung des Bildes vom Guru, das dem Ego des Menschen dient, von der reinen Form des Bildes, welches auf dem Weg der Selbsterinnerung dienlich sein kann. Im ersten Fall dient das Bild einer bloßen Götzenverehrung, im zweiten Fall dient die äußere Form der Liebe, die nach innen führt.
Die meisten Menschen der westlichen Welt sind geprägt von einer Angst, sich einem Guru hinzugeben. Sie glauben, dass der Mensch sich in eine Abhängigkeit begibt und seine Autonomie, seine Selbstständigkeit, seinen Verstand verliert und dem Guru ausgeliefert ist.
Ich habe das nie so empfunden – die indische Matrix und die Begegnung mit Osho hatte nichts davon in mir ausgelöst. Im Gegenteil. Ich spürte zum ersten Mal eine innere Kraft und Liebe, die größer war als alles, was ich bis dahin meistens als leidvoll erlebt habe.
Es lässt sich kaum mit Worten beschreiben, die Seele wurde berührt und der Zugang dazu freigelegt. Der Verstand konnte zur Ruhe kommen, der innere Kampf und die Macht des Eigenwillens lösten sich zum ersten Mal in der Präsenz des Meisters auf. Welche Erleichterung und Erlösung!
In einem Brief an Osho stellte ich die Frage: wie einfach scheint es in der Gegenwart von dir zu sein, inneren Frieden und Glückseligkeit zu finden und wie schwer scheint es zu sein, wenn ich auf mich selbst zurückgeworfen bin, diese innere Verbindung zu erhalten. Er gab in einem Darshan sinngemäß folgende Antwort: Erst wenn dieselbe Erfahrung von Glückseligkeit und innerem Frieden im Alleinsein erfahrbar wird, ist sie deine. Solange sie nur in der physischen Präsenz mit dem Guru erlebt wird, hat sie sich nicht in dir verwirklicht. Er riet mir, in die Welt hinauszugehen, dort die Prüfungen des Lebens zu bestehen und einmal im Jahr für 3 Monate in den Ashram nach Indien zurückzukehren.
In einem Buch (Osho – Das Chakra Buch; Innenwelt Verlag) spricht er über den Guru:
„Es ist wirklich paradox: Schriften sprechen über Gurus – Guru bin gnana nahee; „ohne Guru kein Wissen“ – aber Gurus sind auf symbolische Weise gegen die Schriften. Die Vorstellung, dass der Guru dir zu Wissen verhilft, heißt nicht, dass er Wissen an dich weitergibt. Es heißt vielmehr, dass nur ein lebender Meister wirklich helfen kann. Warum? Weil nur er den einzelnen, das Individuum erkennen kann. Kein Buch kann den einzelnen Menschen erkennen; Bücher sind für niemanden im Besonderen geschrieben, sie sind für jeden geschrieben. Wenn dir jedoch eine Methode gegeben werden soll, muss deine Individualität in Betracht gezogen werden, und zwar sehr, sehr genau, auf sehr wissenschaftliche Weise.“
Die Begegnungen mit Osho waren für mich oft non-verbal. Da die Zahl der Sannyasins stetig zunahm und man mit Osho gar nicht persönlich in Kontakt gehen konnte, blieben einzelne Momente des Gesehen- und Gehört-Werdens, wie z.B. eine Frage im Darshan beantwortet zu bekommen. Eine andere, seltene Gelegenheit bot sich mir, als ich für eine Weile eine der „Wächterinnen“ vor dem Haus, in dem der „Kleine Darshan“ stattfand, sein durfte. Osho ging sehr nah an uns vorbei. Der Augenblick der Begegnung war wie das Auslöschen aller Gedanken in dem Moment. Es gab später noch andere, wenige Begegnungen solcher Art. Dies waren absolute Highlights.
Einen Meister wie OM so nah erleben zu dürfen, konnte ich mir damals gar nicht vorstellen.
Nachdem Osho seinen Körper verlassen hatte, gingen einige Schüler (Sannyasins) zu dem Lehrer Sri Poonjaji, ein Meister des Advaita, der damals in Lucknow wirkte. Ich brachte es nicht übers Herz, dort hinzufahren, weil ich glaubte, ich würde die Treue zu Osho damit verraten. Dass dem nicht so ist, konnte ich erst viel später sehen. Es ist wie eine Liebesbeziehung, die plötzlich endet, durch Trennung oder Tod. Ich konnte nicht verstehen, dass die äußere Form des Gurus verschieden sein kann und es keinen Verrat bedeutet, einer anderen, äußeren Form eines Gurus zu lauschen.
Genau dieser Poonjaji gab OM seinen spirituellen Namen. Ich möchte aus einem der Bücher von Poonjaji mit dem Titel: „Der Gesang des Seins“, zum Thema des wahren Gurus als verkörperten Lehrer folgendes zitieren:
„Das Selbst ist der wahre Guru. Wenn du Hilfe brauchst, kommt sie von innen. Dein ureigentlicher Lehrer ist in dir, hier…. Alle Weisheit, alles Wissen ist hier – in dir, du übersiehst es nur, weil du dich anderweitig beschäftigt hältst. Der Satguru ist inwendiges Sein, meditiere nur auf dein eigenes Sein. Der Satguru übersteigt alles auf der Welt, selbst Gott existiert in ihm. Er ist die WahreBewusstseinsSeligkeit, lichter als die Sonne; endlich brauchst du keine Lampe mehr. Weil du die Sprache des Selbst nicht verstehst, nimmt der Satguru die Gestalt eines ansprechbaren Lehrers an. Glaubst du, dass du einen Körper hast? Dann brauchst du einen verkörperten Lehrer. In seiner Nähe überkommt dich der innere Friede, denn dies ist das Wahrzeichen des wahren Meisters. In einer Wüste voller Trugbilder ist er ein schattenspendender Baum. Von ihm wird das Ego als Trugschluss entlarvt. Seine Aufgabe ist: „Ich bin in dir“, zu sagen und die Kraft seiner Überzeugung auf dich zu übertragen. Jeder wahre Lehrer sagt: „Blickt nach innen. Es gibt keinen Unterschied zwischen euch und dem wahren Guru.“
Persönliches Fazit
So vieles in meinem bisherigen Leben deutete auf den Guru hin – ohne, dass ich ihn hätte wahrnehmen können. Ich war unwissend, wie so viele, vielleicht mit dem Unterschied, dass mich etwas Inneres antrieb, dass ich den Sinn dieses Lebens erkennen wollte, die Wahrheit wissen wollte. Und auf vielen Wegen und Abwegen fand ich genau das, was mich zum äußeren und inneren Guru führte.
Der Guru kann auch durch Geschwister sprechen, und jetzt, erst jetzt kann ich ihn hören.
So höre ich Angelus Silesius (1624-1677) sagen:
„Halt an, wo laufst du hin, der Himmel ist in dir; suchst du ihn anderswo, du fehlst ihn für und für.“
Die Geburt des Löwen
von OM C. Parkin
OM C. Parkin konfrontiert den Leser unmittelbar mit der wesentlichen Frage: Wer ist jenes ‚Ich‘, auf das wir das Glück und Unglück unseres Lebens, unserer Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft beziehen? Mit seinem unbestechlich klaren Blick auf die Leidensstrukturen im Menschen wie auch auf das, was davon unberührt bleibt, durchdringt OM gemeinsam mit den Fragenden diese geschlossene und damit abgetrennte Welt der Identifikation mit einem Ich.